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Das E-Book der Zukunft ist anders. Sie kennen es bereits.

Produktion, Vertrieb und Konsum von elektronischen Büchern folgen heute immer noch dem Vorbild der gedruckten Bücher: Der Verlag liefert das Manuskript an einen Dienstleister, der das E-Book erstellt. Das E-Book wird durch eine digitale Auslieferung in den Online-Buchhandel gebracht. Dort wird das E-Book als einzelnes Produkt zu einem festen Preis verkauft. Der Kunde verfügt nach dem Kauf über das E-Book als Datei und liest es wo und wann er mag.

Dieses Modell hat sich etabliert, nicht zuletzt weil es Verlagen erlaubt, ihre gewohnten ISBN-fähigen Produkte beizubehalten. Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass dieses Modell bei elektronischen Büchern in Zukunft abgelöst wird.

Viel Software wandert zurzeit vom Desktop ins World Wide Web. Bei den Autorenwerkzeugen machte Google mit Google Docs den Anfang. Nun versuchen Apple mit iWork for Cloud und Microsoft mit Office 365 nachzuziehen. Zudem existieren zahlreiche frei verfügbare Online-Editoren wie TinyMCE, CKEditor und ShareLaTeX. Noch taugen sie nicht zum Microsoft-Word-Killer. Allerdings bieten Online-Editoren schon heute Vorzüge gegenüber der traditionellen Textverarbeitung. Dazu gehören u.a. kollaboratives Arbeiten, interaktive Widgets und direktes Publizieren im Web. Zur Produktion der Daten bedarf es dann keiner zusätzlichen Dienstleister, höchstens zur Einrichtung der Software.

Auch die Distribution von E-Books wandelt sich. Amazon initiierte mit Kindle Unlimited unlängst ein Abonnement-basiertes Verkaufsmodell, welches dem Käufer für eine monatliche Gebühr die „Ausleihe“ von E-Books aus einem Teil des Amazon-Sortiments erlaubt. Andere Dienste wie Skoobe und Readfy versuchen ebenfalls mit Abonnement-Modellen den Erfolg von Spotify und Netflix in der Buchbranche zu wiederholen. Viele Verlage befürchten, dass die Gewinne im Vergleich zum traditionellen Geschäftsmodell mit einzelnen E-Book-Downloads abschmelzen werden. Dennoch verspricht das Modell vor allem für Vielleser attraktiv zu sein. Wissenschaftsverlage verdienen schon heute mehr Geld mit dem Verkauf von Zugängen als mit Downloads.

Diesem Modell entsprechend wird das Lesegerät der Zukunft kein Tolino oder Kindle, sondern der Web-Browser sein – insbesondere in Mobilgeräten. Im Gegensatz zum Dschungel der verschiedenen E-Book-Reader-Modelle samt ihrer technischen Unterschiede und Unzulänglichkeiten sind heutige Web-Browser technisch viel ausgereifter. Dagegen erfüllen viele E-Book-Reader bis jetzt nicht die Anforderungen des EPUB-2-Standards (Stichwort SVG-Grafiken), von EPUB 3 ganz zu schweigen.

Eigenständige E-Book-Lesegeräte sind vielleicht nicht mehr lange notwendig. Laut einer von BITKOM und dem Börsenverein in Auftrag gegebenen Studie liest bereits jeder Siebte E-Books auf seinem Smartphone[1]. Laut Studie ist es noch vor Tablets und E-Book-Readern das beliebteste Lesegerät in Deutschland. Es ist immer dabei und der Trend geht zu größeren und höher aufgelösten Bildschirmen, die lesefreundlicher sind.

Mit dem Web-Browser als Lesesoftware erübrigen sich auch Containerformate wie EPUB oder KF8. Ein E-Book muss nicht permanent physisch auf einem Gerät gespeichert sein, sondern wird online als Webseite gelesen. Die gute Nachricht ist, dass ein Verlag seine EPUB-Daten für das Web aufbereiten kann: EPUB basiert wesentlich auf Web-Technologien wie HTML und CSS. Zudem gibt es von W3C und IDPF erste Überlegungen für die Entwicklung eines neuen E-Book-Standards mit dem Titel EPUB-WEB[2]. Das erklärte Ziel ist ein Format, welches sowohl online im Browser als auch offline im Reader funktioniert.

Das E-Book als Webseite verspricht auch für die Inhalte neue Möglichkeiten, wobei man nicht nur einfach an das Zitieren via Hyperlink denken muss. Mit Technologien des Semantic Web wie RDFa können Inhalte semantisch ausgezeichnet werden. Ein Reiseführer im Web könnte mittels Geoinformationen und entsprechenden Widgets für den Leser Echtzeitinformationen zu Wetter, Sehenswürdigkeiten und Hotelbuchungen einblenden. Soziale Features wie Empfehlungen, Bewertungen oder Kommentare sind viel leichter in eine Webseite integrierbar als in einen lokal gespeicherten Dateicontainer. Da der Titel online unter einer URL (oder einem DOI) verfügbar ist, kann er auch später noch um Inhalte angereichert werden. Ein Roman muss demnach nicht eine abgeschlossene Handlung haben, sondern kann nach und nach um zusätzliche Kapitel erweitert werden.

Solche Ideen werden bereits vielerorts diskutiert, wie z.B. auf diversen Branchentreffs wie der Konferenz „books in browsers“ in San Francisco, in Blogs und auf Twitter. Das E-Book einfach nur als elektronische Form des gedruckten Buches zu verstehen, hat ausgedient. Der vor einigen Jahren zu beobachtende Zug zur App allerdings auch – Apps zu entwickeln ist schlichtweg zu teuer. Das Geschäftsmodell und die elektronischen Produkte von Verlagen werden in Zukunft ohne das Web nicht zu denken sein. Am Ende ist alles Web.

[1] Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V und Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.: „E-Book-Nutzer setzen auf Smartphones“, 12.3.2014

[2] https://w3c.github.io/epubweb/

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